Die computergestützte Meteorbeobachtung

1989 wurde das erste Mal die Idee geboren, einen Computer zur Unterstützung der visuellen Meteorbeobachtung einzusetzen. Der Grund war ganz einfach: Während der Beobachtung starker Meteorströme fallen jede Menge Beobachtungsdaten an, die erst einmal auf Schmierblättern (Kassenrollen waren hier sehr beliebt, da Diktiergeräte zu dieser Zeit noch unbekannt waren) notiert und später irgendwie ausgewertet werden müssen. Neben der Uhrzeit der Erscheinung und allen möglichen Nebeninformationen (visuelle Grenzgröße, Bildfeldzentrum, Wolken, Beobachtungsunterbrechungen) müssen zu jeder Sternschnuppe lediglich die Helligkeit und die Stromzugehörigkeit erfaßt werden. Der Einsatz eines Computer mit entsprechend konstruierten Eingabegeräten bot sich also geradezu an.
Die Idee wurde jedoch in einer Zeit geboren, als Rechentechnik auf der Cocom-Liste stand und KC 85, C 64, Atari und ZX Spectrum die einzigen (wenn überhaupt) verfügbaren Computer waren. So bauten wir ein Interface für einen ZX Spectrum, über das an 1m langen Flachbandkabeln (in der DDR ebenfalls etwa so wertvoll wie Gold :-) zwei selbstgebaute Handgeräte angeschlossen wurden. Dazu wurde dann in gutem alten Spectrum-Basic die nötige Steuer- und Auswertesoftware geschrieben.

[die Originalvariante]

Die Anlage kam in dieser Form nur während einer Sommerfahrt zum Einsatz. In dieser Zeit konnten zwar kaum sinnvolle Beobachtungsergebnisse, dafür jedoch überaus wertvolle Erfahrungen mit der Technik gesammelt werden. Problematisch waren zum Beispiel die kurzen Flachbandkabel: Der Beobachter mußte sich auf Grund ihrer Kürze direkt am Computer befinden, was die Standortwahl sehr beeinträchtigte. Der Rechner selbst war an sich zwar recht stabil auf einem Brett montiert, trotzdem ließ die Stabilität des Systemes zu wünschen übrig. Wenn zum Beispiel jemand in der Beobachterhütte seine Montierung abschaltete, stürzte das gute Teil auf Grund der Stromschwankungen regelmäßig ab. Man konnte dann nur noch die letzten Daten vom Monitor abschreiben, der Rest war auf Grund fehlender HD und FD-Laufwerke (das waren noch die guten alten Kassettenrecorderzeiten!) verloren.

[Detailblick auf den Rechner]

Trotzdem hatte sich die Anlage als solches bewährt, so daß wir nach zwei Jahren an einen Umbau dachten. Die politische Wende war vollzogen und damit standen auch uns vernünftige PC's zur Verfügung. Die Handgeräte wurde so umgebaut, daß sie über ein 10m langes serielles Kabel mit dem Rechner verbunden waren. Das ermöglichte die geschützte Aufstellung des Rechners in einem Zelt, während die Beobachter selbst im Freien liegen konnten. Die Zahl der parallel betriebenen Handgeräte wurde auf vier erhöht, in ihrer Funktion blieben sie jedoch fast unverändert: Man hat neben dem Ein/Ausschalter zwei Kippschalter und eine zweistellige Siebensegmentanzeige. Beim ersten Tastendruck speichert der Rechner automatisch die Uhrzeit des Ereignisses. Man wählt dann mit den Schaltern die beobachtete Helligkeit und den Meteorstrom auf dem Display und schickt die Werte an den Rechner. Der speichert alle Daten in Textfiles auf der Festplatte, wo sie am nächsten Tag mit einer komfortablen Auswertesoftware schnell analysiert werden können. So ist die Berechnung von Stromraten und die Erstellung von Beobachtungsformularen keine langweilige Pflicht mehr, sondern passiert nahezu nebenbei und trübt nicht mehr die Freude am Beobachten.
Das neue System hatte im August 1991 seinen Jungferneinsatz und wird seitdem regelmäßig bei allen unseren Beobachtungen großer Meteorströme eingesetzt. Da wir in letzter Zeit auch viel mit Videotechnik hantieren, kann der Computers meistens zusammen mit dem Videorecorder im Kofferraum des Expeditionsautos untergebracht werden. Dort hat er bisher allen Widrigkeiten wie Feuchtigkeit, Kälte und Stromschwankungen widerstanden und wird uns hoffentlich auch in Zukunft nicht verlassen!

[Foto von der Perseidenexpedition 1993]

Sirko Molau; letzte Änderung: 18.Juli 1996