aus: "Mitteilungen des Arbeitskreises Meteore" 137 (1992), S.9

Erste Tests zu Videobeobachtungen von Meteoren

Auf der IMC '92 wurde bereits in verschiedenen Vorträgen und auf Postern von Versuchen und Ergebnissen bei Videometeorbeobachtungen berichtet. Vor allem ein kanadisches Team konnte dabei schon ganz beachtliche Erfolge erzielen. Das regte uns dazu an, ebenfalls eine elektronische Kameraanlage zusammenzubauen und auszutesten.
Das Herzstück der Anlage, den Bildverstärker, bekamen wir von der Archenhold-Sternwarte in Berlin. Als abbildende Optik kamen ein 1,8/50-Normalobjektiv oder ein 2,8/20-Weitwinkelobjektiv in Frage. Erste visuelle Tests mit einem 2,8/50-Normalobjektiv brachten zwar wie zu erwarten die bessere Grenzhelligkeit (bei sehr schlechten Berliner Bedingungen ungefähr 6.Größenklasse, das Weitwinkelobjektiv mindestens eine Größenklasse weniger), dafür erfaßte es jedoch nur ein viel kleineres Gesichtsfeld (ca. 15° in Durchmesser statt ca. 60° mit dem Weitwinkelobjektiv). Da die Videoanlage in den vom Vollmond erhellten Maximumsnächten eingesetzt werden sollte, entschieden wir uns für das größere Gesichtsfeld, um möglichst viele der zu erwartenden hellen Meteore zu erfassen.
Am hinteren Ende des Restlichtverstärkers entfernten wir die vorhandene Optik. Dadurch wurde die Mattscheibe des Restlichtverstärkers sichtbar, die nun direkt mit einem handelsüblichen Camcorder aufgenommen werden konnte. Durch den geringen Abstand zwischen Mattscheibe und Camcorderoptik (ca. 1cm, Camcorder mit Makroscharfstellung) ließ sich fast das gesamte Kameragesichtsfeld nutzten.
Die nun voll einsatzfähige Anlage wurde zur Beobachtung auf zwei Stativen unnachgeführt in Richtung Zenit aufgestellt (eine kompakte Halterung für alle Teile mit Anschlußmöglichkeit für eine Montierung ist gerade im Bau). Es fehlte also nur noch das gute Wetter...

Bei schlechtesten atmosphärischen Bedingungen (durchziehende Cirrus- und Altocumulusfelder, Grenzgröße weit unter 5 mag, 'Wolkenlückenbeob-achtung') konnten wir die Kamera am 11/12. und 12/13. August '92 jeweils 1.5 Stunden laufen lassen.
Es schloß sich die sehr nervenaufreibende Prozedur der Auswertung der Videobänder an. Da es (noch) keine bessere Möglichkeit gibt, mußten wir noch einmal dieselbe Zeit auf den Fernseher starren und nach Meteoren Ausschau halten (was mindestens so ermüdend wie eine richtige Beobachtung ist). Insgesamt fanden wir 10 Meteore, etwa genauso viel wie wir an den Abenden visuell am Himmel sahen! Damit bewies sich sofort der bedeutende Vorteil von Videobeobachtungen gegenüber Fotografien: Man erreicht eine wesentliche höhere Meteorrate, in unserem Fall etwa vergleichbar mit der visuell sichtbaren Rate. Ein weiterer Vorteil ist die nun mögliche exakte Zeitbestimmung durch die im Camcorder eingeblendete Uhr, die genaue Bahnbestimmung und die exakte Bahngeschwindigkeitsbestimmung des Meteors (bedingt durch die kurzen Belichtungszeiten von 1/50 Sekunde).
Die derzeit noch vorhandenen Nachteile sollen jedoch auch nicht verschwiegen werden: Erstens ist die Bahnbestimmung schwierig, da das Bildfeld des Restlichtverstärkers vor allen an den Rändern extrem verzerrt ist, und zweitens ist die Art der Suche nach Meteoren (Ansehen der Videobänder) eine völlig unzureichende Lösung. Alternativ gäbe es dazu derzeit zwei Möglichkeiten:

Auf Grund der zu bewältigenden Datenmengen (möglichst mehrere Bilder pro Sekunde, jedes vielleicht 50 kByte groß) müßten die Bilder auf jeden Fall online verarbeitet werden. Man muß also in Echtzeit entscheiden, ob ein Bild ein Meteor enthält oder nicht und es dann eventuell auf der Festplatte speichern. Das dürfte jedoch hart an der Rechengeschwindigkeit derzeitiger Hochleistungs-PC's kratzen und erfordert eventuell eine Hardwarebearbeitung der Bilder. Diese Variante ist sicherlich leichter durchführbar, man muß jedoch grundsätzlich mit Verlusten bei der Umwandlung des digitalen Camcorder-CCD-Bildes in ein Videosignal und zurück rechnen. Für uns ist sie derzeit jedoch die aussichtsreichere Variante, es fehlt uns nur noch ein Framegrabber für den PC.

Abschließend können wir sagen: Die Tests waren auf jeden Fall sehr ermutigend. Man kann also jeden, der die nötigen Voraussetzungen dazu hat, sehr zur Videometeorbeobachtung ermuntern. Wir werden jedenfalls bei zukünftigen Expeditionen immer noch einen 'elektronischen Beobachter' dabeihaben.


Sirko Molau; letzte Änderung: 18.April 1995